Kunst zwischen Ost und West
Stefanie Manthey, Muenchen
Junge chinesische Kunst Marstall Landshut, 7. bis 23. Oktober 2005 Bei dem, was heute als chinesische Gegenwartskunst bezeichnet wird, handelt es sich ungeachtet seiner etwa fünfundzwanzig Jahre zurückreichenden Geschichte kunst – und kulturgeschichtlich um ein junges Phänomen. Dessen Anfänge liegen im zeitlichen Umfeld der ab 1979 einsetzenden Reformpolitik nach dem Tod Maos 1976. Die am 27. September 1979 eröffnete Erste Ausstellung der Sternegruppe nahe der China Art Gallery in Peking markiert den Beginn ihrer Geschichte, bei dem bis heute im In- und Ausland Skandale um Aktionen und Werke mit breitem Medienecho eine große Rolle spielen. Sie wurde zwei Tage nach der Eröffnung auf amtliche Anordnung geschlossen. Dank der Unterstützung der Vorsitzenden des Chinesischen und des Pekinger Künstlerverbandes, Jian Feng und Liu Xun konnte sie am 23. November wiedereröffnet und bis zum 2. Dezember gezeigt werden. Internationalen Bekanntheitsgrad erlangte chinesische Gegenwartskunst 1999 durch die erstmalige Teilnahme von neunzehn chinesischen Künstlern an der 48., von Harald Szeemann kuratieren Biennale von Venedig. Bei der 50. Biennale 2003 war China erstmals mit einem eigenen Pavillon vertreten. Gegenwärtig findet in Montpellier unter dem Titel MC1 als Abschluss des offiziellen Chinajahres der französischen Regierung die erste Biennale für zeitgenössische chinesische Kunst statt. Das Kunstmuseum Bern präsentiert in Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle unter dem Titel „Mahjong“ derzeit mit der Sammlung des Schweizers Peter Sigg eingebettet in ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm die vermutlich bedeutendste Sammlung chinesischer Gegenwartskunst in Europa. Hier wird erstmals eine Historiographie vorgenommen, die den Zeitraum von 1979 bis 2004 in den Blick nimmt und diesen in vier Phasen untergliedert: Die postrevolutionäre Phase (1979-1984), die der „Kunstbewegung von 1985 (1985-1989) und die „post 89er-Phase“ (1989-1994). Ab 1995, so die Einschätzung von Li Xianting ist die pluralistische Landschaft chinesischer Gegenwartskunst als Teil der globalisierten Welt zu verstehen. Vorgestellt wird die Sammlung in Themenfeldern, in denen sich Fragen der Kunst mit gesellschaftlichen Fragen durchdringen. Dazu zählen Individuum vs. Gesellschaft, Konsumismus, Stadt vs. Land und das Thema Körper in seiner Nähe zu politischen Themen wie nationaler, transnationaler und kultureller Identität, Gentechnik und Bioethik. Bezeichnenderweise erlangte auch diese Ausstellung durch einen Skandal um die Arbeit Ruan von Xia Rao (geb. 1965) breites Medienecho. Diese besteht aus einer mit Formalin gefüllten Glasglocke, in der ein Wesen schwebt, das sich aus dem Kadaver einer Möwe und dem Kopf eines menschlichen Fötus zusammensetzt. In der westlichen Welt scheint es ein Interesse daran zu geben, chinesische Gegenwartskunst mit dem uneingeschränkt Gegenwärtigen, dem moralisch Enthemmten, dem befreienden Tabubruch und dem erotisch Exotischen in Verbindung zu bringen, und damit unreflektiert und überstürzt ausgetretene Pfade in der Auseinandersetzung zwischen östlicher und westlicher Kultur zu betreten, die der tatsächlichen Komplexität künstlerischer Positionen und Arbeiten nicht gerecht werden. Mit der Präsentation junger chinesischer Kunst in Landshut besteht die Möglichkeit einer eigenen Bestandsaufnahme vor Ort. Sie findet in einer Konstellation und Besetzung statt, die jenseits skandalträchtiger Arbeiten für das skizzierte Spektrum an Themen, die in chinesischer Gegenwartskunst besonders manifest verhandelt werden exemplarischen Charakter beanspruchen kann. Grund dafür ist die Tatsache, dass hier Künstler zweier Generationen versammelt sind, die in den Medien Zeichnung, Malerei, Video und Performance in Anbindung an Kunsthochschulen in Deutschland (München, Dresden, Stuttgart) und China (Kumming/ Provinz Yunnan, Quingdao/ Provinz Shendong) leben und an den Themen arbeiten, die sie aufgrund ihrer Doppelperspektive auf östliche und westliche Kunst und Kultur unmittelbar betreffen. Quingdao ist Teil deutscher Kolonialgeschichte in China. Hier war das deutsche Reich zwischen 1897 und 1914 kulturimperialistisch tätig. Die dortige Europasiedlung ist eines der wenigen Zeugnisse, die sichtbar an diese Zeit erinnern
JUNGE CHINESISCHE KUNST
Cheng Changwei, Fu Rao, Chen Qiulin, Hauchun Kwong, Jiang Jing, Jing Fang Li, Lei Yan, Shen Qin, Tao Yini, Xianwei Zhu, Xie Qi, Yi Sun, Zhang Qiong Fei, Zhangwei Ghuo, Zhao Bin
im Marstall Landshut, Ländgasse 127
Eröffnung: Freitag, 07. Oktober 2005, 19.00 Uhr
Einführung: Stefanie Manthey, München
08. Oktober – 30. Oktober 2005
do, fr u. so 15.00 – 18.00 Uhr, sa 11.00 – 13.00 u. 15.00 – 18.00 Uhr
Führung durch die Ausstellung: Sonntag, 16. Oktober 2005, 15.00 Uhr
Finissage: So, 30. Oktober 2005, ab 15.00 Uhr
Veranstalter:
Neue Galerie Landshut e. V.
Kunstverein Landshut e. V.
Galerie in Bewegung e. V.
im Rahmen der China-Wochen des KulturFensters Landshut
Dank an:
Peter Haarpaintner, Landshut,
Prof. Dr. Cornelia Güdemann, Stuttgart
Tao Yini, Dresden
By : TA OLing
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